Rheinhessen zählt zu den geschichtsträchtigsten Regionen Deutschlands. Doch nicht alle Orte, die einst bewohnt waren, findest du heute noch auf der Karte. Einige Dörfer verschwanden im Laufe der Jahrhunderte – durch Naturkatastrophen, Kriege, Seuchen oder politische Veränderungen. Diese „Wüstungen“ oder verlassenen Orte sind stille Zeugen der Vergangenheit. Hier stellen wir dir fünf verschwundene Dörfer in Rheinhessen vor, deren Geschichte heute fast vergessen ist.
Rodebach war eine kleine Klosterniederlassung und lag wahrscheinlich etwa unterhalb des roten Hangs, zwischen Nierstein und Nackenheim. Die genaue Lage der Siedlung ist heute nicht bekannt. Allerdings berichten alte Dokumente davon, dass der Rhein teile von Rodebach überflutet habe, was auf eine niedrig, flussnahe Lage hindeutet. Die Siedlung wurde um das 15. Jahrhundert verlassen. Rodebach soll nur eine Straße gehabt und neben ein paar Häusern auch eine Kapelle beheimatet haben. Vermutlich wurde Rodebach aufgrund von Überschwemmungen verlassen. Die Häuser wurden rasch zurückgebaut, die Kapelle jedoch stand noch etwa 200 weiter Jahre, ehe sie auch abgerissen wurde. Die Baumaterialien wurden für Gebäude in Nierstein verwendet. In einem Schulbuch (Heimatbuch Landkreis Mainz) von 1967 heißt es: "Vor dem Taleinschnitt der Rehbach lag im Mittelalter die kirchliche Niederlassung Rodebach."
Über die Zeit veränderte sich der Name vermutlich von Rodebach - Rodbach - Redbach zu Rehbach, weshalb die gleichnamige Gemarkung Heute den ehemaligen Standort darstellen könnte.
Ludwigshöhe ist der jüngste Ort in Rheinhessen, schafft es aber trotzdem in die Geschichte der vergessenen Dörfer. Wie kann das sein?
Die kleine Gemeinde an der alten B9 hat ihren Ursprung im ehemaligen Rudelsheim, dass damals etwa 2km östlich vom heutigen Ludwigshöhe gelegen hat. An Rudelsheim erinnert heute nur noch ein Gedenkstein und ein Jesus-Kreuz, welches sich direkt vor dem Rhein-Damm befindet. Das Kreuz markiert die Stelle, an der sich damals die Kirche befand.
Die erste urkundliche Erwähnung von "Rudolfesheim", wie es damals noch hieß, ist vom Jahr 765 n.Chr. Zu dieser Zeit hatte der Rhein noch einen ganz anderen Verlauf und war viel weiter weg, als er es heute ist. Denn dieser hatte seinen Verlauf über die Jahre verändert und bedrohte immer mehr das kleine Rudelsheim. So standen z.B. 1784 alle Häuser bis zu den Dächern unter Wasser. Das Hochwasser war allgegenwärtig im Rudelsheimer Leben.
Es trat im Sommer auf, bei starkem Regen, im Winter und im Frühjahr, wenn das Schmelzwasser versuchte, seinen Weg durch den zugefrorenen Rhein zu finden. Da der Fluss zugefroren war, staute er sich immer weiter auf, bis die Oberfläche brach und die Eisberge durch die Straßen von Rudelsheim gespült wurden. Im Jahr 1816 verdarben dann alle Feldfrüchte um Rudelsheim und die Bäume starben ab – der Rhein kam immer näher. Doch noch waren die Rudelsheimer standhaft und blieben in ihrem Zuhause.
Im Jahr 1819 dann, kam die Katastrophe. Nachdem die Schleuse bei Guntersblum brach, traf der Rhein das kleine Rudelsheim mit voller Wucht. So wurde entschieden, die Gemeinde umzusiedeln. Nachdem der Platz, an der Stelle des heutigen Ludwigshöhe, gefunden war, wurden im Jahr 1821 die Grenzsteine verlegt und damit begonnen, die ersten Gebäude abzureißen. Sie dienten als Baustoff um die Gemeinde am neuen Standort wieder aufzubauen.
Damals gehörte Rheinhessen noch dem Großherzogtums Darmstadt an. Regiert vom Großherzog Ludwig I., der sogar zu spenden für die, durch Hochwasser verarmte Bevölkerung von Rudelsheim, aufrief. So kam es dann dazu, dass an seinem Namenstag, am 25.August 1923, der Grundstein für das neue Dorf gelegt wurde. Zu Ehren des Großherzogs wurde Rudelsheim dann in Ludwigshöhe umbenannt. Und so lebten sie bis ....
Bleidesheim lag dort, wo sich die Gemarkungen von Sörgenloch, Zornheim und Hahnheim treffen. Im 13. und 14. Jahrhundert hatte das Dorf sogar eine eigene Kirche – ein Zeichen für eine funktionierende Dorfgemeinschaft in mittelalterlicher Zeit.
Im Laufe des 14. Jahrhunderts übernahm das Kloster Eberbach die Rechte und den Landbesitz. Ohne wirtschaftliche Grundlage verließen die Bewohner Bleidesheim um 1350. Die letzte Erwähnung des Ortes stammt aus dem Jahr 1401. Heute erinnern Flurnamen wie der „Bleidesheimer Weg“ an die verlorene Siedlung in Rheinhessen.
Sarlesheim befand sich im heutigen Appelbachtal bei Neu-Bamberg. Der Ort wurde im 13. Jahrhundert urkundlich erwähnt und lag im Einflussbereich der Raugrafen. Im 14. Jahrhundert verlagerte sich das Leben hin zur neu gegründeten Burg Neu-Bamberg.
Sarlesheim wurde nach und nach verlassen, doch die Kirche St. Georg blieb noch über längere Zeit bestehen und erinnert an diese untergegangene Siedlung in Rheinhessen.
Hedesheim lag dort, wo sich heute Stadecken-Elsheim erstreckt. Als im 13. Jahrhundert die Burg Stadeck erbaut wurde, verlagerte sich die Bevölkerung nach und nach zur neuen Siedlung.
Die alte Kirche von Hedesheim wurde im Jahr 1770 abgetragen. Ihr Stein diente dem Bau des Kirchturms der evangelischen Kirche in Stadecken. Noch bis 1804 wurde der Hedesheimer Friedhof genutzt. Heute erinnert ein Waldstück an das verlassene Dorf Hedesheim – ein Ort, der tief in der Geschichte Rheinhessens verwurzelt ist.
Nordelsheim wurde 1064 erstmals erwähnt und befand sich in direkter Nachbarschaft zu Undenheim. Am Pfingstdienstag des Jahres 1516 wurde das Dorf durch ein verheerendes Unwetter vollständig zerstört.
Der Legende nach retteten sich die Menschen auf Scheunentoren über das Wasser nach Undenheim. Nordelsheim wurde nie wieder aufgebaut, die Gemarkungen vereinigten sich. Heute erinnert ein Weiher und das „Nordelsheimer Brünnchen“ an dieses verschwundene Dorf in Rheinhessen.