Der Sage nach lebten in Rheinhessen 3 Schwestern, wovon eine erblindet war. Diese kamen durch Erbschaft an ein großes Vermögen und wollten von diesem Geld jeweils eine Kirche bauen. Das besondere, jede Kirche sollte so gebaut sein, dass man von ihrem Standort aus die anderen Kirchen sehen konnte.
Während die Kirchen im Bau waren fand die erblindete Schwester heraus, dass sie von ihren beiden anderen Schwestern beim Erbe betrogen wurde. Das Vermögen, welches sie erbten, war so groß, dass sie es nicht zählen konnten. Es wurde durch ein Scheffelmaß (einem Raummaß) aufgeteilt. Dabei füllten die beiden Schwestern, die sehen konnten, ihr Hohlmaß randvoll, bei der erblindeten Schwester drehten sie es jedoch um und füllten nur den flachen Boden.
Als die erblindete Schwester davon erfuhr, verfluchte sie die Kirchen ihrer Schwestern. Sie sollen zerfallen, während ihre Kirche die Zeit überdauern solle. Aber von welchen Kirchen ist nur die Rede und was ist an der Sage dran?
Der Erste Standort ist der Nazarienberg in Mommenheim. Dort wo heute das Mommenheimer Türmchen steht, stand tatsächlich früher über Jahrhunderte eine Wallfahrstkapelle. Diese war dem Namensgeber Nazarius geweiht, dessen Gebeine im Jahr 765 an das Kloster in Lorsch übergeben wurden.
Mommenheim wurde ein Jahr später, anlässlich einer Schenkung im Jahr 766 erstmals urkundlich erwähnt.
Die Kapelle wurde um 1600 niedergebrannt, im Anschluss zwar wieder aufgebaut, verfiel jedoch im 30 jährigen Krieg gänzlich.
Im Jahr 2003 wurden am Narzarienberg menschliche Knochen gefunden. Daraufhin wurde im Jahr 2006 eine Grabung durchgeführt. Man erhoffte sich, Mauerreste der Kapelle zu finden. Stattdessen fand man weitere menschliche Überreste. Das gefundene Skelett wurde antrophologisch untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass die Knochen aus dem jähr 688 - 786 n. Chr. stammen müssen. Diese stammten wohl von einer Frau, die im Alter von 40-60 Jahren verstarb. Den ganzen Bericht dazu habe ich euch hier verlinkt: Zum Bericht
Handelt es sich hier um eine der 3 Schwestern?
Ob eine der drei Schwestern tatsächlich mit dem Bau der Kapelle zu tun hatte, ist nicht übermittelt.
Zur Sage passt jedoch, dass man die anderen beiden Standorte der Kirchen vom Nazarienberg in Mommenheim sehen kann. Außerdem handelt es sich hier um eine Kirche/Kapelle , die mittlerweile verfallen ist.
Welche beiden anderen Standorte sind nun gemeint?
An Standort Nr. 2 gibt es tatsächlich Überreste einer Kirche. Auf dem Petersberg, zwischen Bechtolsheim und Gau-Odernheim, befindet sich die Ruine der Peterskirche.
Auf 245,6m wurde hier um das Jahr 1000 eine dreischliffige Basilika mit Krypta erbaut. Im Gegensatz du der Nazariuskirche in Mommenheim gibt es hier mehrere Überlieferungen. So weiß man z.B., dass die Besitzer der Kirche regelmäßig wechselten. In einem Gemälde aus der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts ist auch das Aussehen übermittelt. Das Bild habe ich euch hier verlinkt: Hier klicken
Wie auch die Kirche auf dem Nazarienberg, verschwand die auf dem Petersberg während des 30 jährigen Krieges gänzlich. Ein Wiederaufbau konnte nicht realisiert werden.
Im Jahr 1877 gab es dann erstmals Ausgrabungen, bei denen Teile des Fundamentes aufgedeckt wurden. Erst 1947 wurden dann, durch Studenten unter der Leitung von Prof. Friedrich Behn, größerer archäologische Ausgrabungen durchgeführt. Auch menschliche Überreste wurden gefunden.
Leider wurde das Gebiet um den Petersberg nach dem 2. Weltkrieg von Amerikanern und der Bundeswehr als Übungsareal verwendet und der Vandalismus nahm zu. Damals wurden dann Steine der Kirche durch einen Pfarrer der Kirchengemeinde Dolgesheim in Sicherheit gebracht. Erst 2014 wurden diese an die Landesdenkmalpflege übergeben.
Wie auch in Mommenheim, gibt es keine überlieferte Verbindung zu der Sage der 3 Schwestern. Aber auch hier gibt es wieder parallelen zu der Geschichte. Denn auch diese Kirche ist verfallen und man kann sowohl das MommenheimerTürmchen auf dem Nazarienberg, als auch den 3. Standort entdecken. Nur wo befindet sich dieser?
Heute noch erhalten, steht sie etwas außerhalb von Udenheim auf einem Hügel. Die Bergkirche in Udenheim ist ein wirklich schönes Gebäude, welches im Gegensatz zu den anderen Kirchen der Sage, den 30 jährigen Krieg überstand.
Im Jahr 1796, während der französischen Revolution, wurden die beiden Glocken der Bergkirche zu Kriegszwecken eingeschmolzen.
Zur Kirche gehört seit 1874/75 auch der, in der Ortsmitte erbaute Kirchturm, zu dem es eine, mal wieder unverständliche Geschichte gibt.
Denn im Jahr 2014 wurde von einer zugezogenen Anwohnerin Klage eingereicht. Das Glockenläuten wäre zu laut. Tatsächlich wurde daraufhin das Läuten der Glocken komplett eingestellt. Denn es wurden Spitzenwerte von 86,6 Dezibel gemessen. Erlaubt sind maximal 59 Dezibel. Und so kam es, dass die deutsche Bürokratie, aufgrund der Beschwerde einer Person, das Läuten verbot.
Durch den Kampf der Udenheimer Bevölkerung und durch Dämmmaßnahmen am Glockenturm, dürfen diese heute aber wieder Läuten und die Anwohnerin muss sich wohl damit abfinden, dass Kirchenglocken eben manchmal laut sind. Und wenn sie nicht gestorben ist, dann lebt sie wohl noch heute!
Auch bei der Udenheimer Bergkirche gibt es keine offizielle Übermittlung, die eine Verbindung zur Sage der drei Schwestern bestätigen würde. Auch der Bau der Bergkirche wird um 1200 n. Chr. geschätzt. Die erste Erwähnung ist aus dem Jahr 1250 n. Chr. Somit steht fest, dass der Bau der Bergkirche ca. 200 Jahre später als der Bau der Nazarius- und Petersbergkirche begann. Trotzdem kann man auch von der Bergkirche die beiden anderen Standorte, das Mommenheimer Türmchen und die Spitze des Petersbergs in der Ferne entdecken. Die Sage der drei Schwestern hingegen, ist eine schöne, aber eben nur eine Geschichte. Eins aber lehrt sie uns.
Denn Ehrlichkeit wehrt am längsten!